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BSG 20.12.2016 - B 9 V 42/16 B
BSG 20.12.2016 - B 9 V 42/16 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Behauptung von Verfahrensfehlern ins Blaue hinein - vertretungsweise Unterschrift eines Richters - vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts - unrichtige Angaben zur Besetzung im Sitzungsaushang - Darlegungsanforderungen
Normen
§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG, § 33 Abs 1 S 1 SGG, § 153 Abs 3 S 2 SGG, § 153 Abs 3 S 1 SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Mainz, 3. November 2014, Az: S 11 VJ 1/13, Gerichtsbescheid
vorgehend Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, 6. April 2016, Az: L 4 VJ 6/14, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 6. April 2016 wird als unzulässig verworfen.
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Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
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I. Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Versorgung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG).
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Mit Urteil vom 6.4.2016 hat das LSG wie vor ihm der Beklagte und das SG einen Anspruch der 1994 geborenen Klägerin auf Gewährung von Versorgung nach dem IfSG wegen der Folgen einer im März 2011 erhaltenen Mehrfachimpfung verneint. Es sei nicht wahrscheinlich, dass die bei der Klägerin vorübergehend aufgetretenen Doppelbilder (molekulare Diplopie) auf die Impfung zurückzuführen seien; vielmehr spreche mehr dafür, dass es sich um eine Entwicklungsstörung handele, wie sie im Alter der Klägerin bei jungen Frauen öfter auftrete.
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Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt. Das LSG habe Verfahrensfehler begangen und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verkannt.
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil weder die behaupteten Verfahrensmängel (1.) noch die angebliche grundsätzliche Bedeutung (2.) ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).
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1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung dieses Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst substantiiert die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen dargetan werden. Daran fehlt es hier.
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a) Die Klägerin macht geltend, es sei weder für sie noch für die an der Verhandlung teilnehmende Öffentlichkeit erkennbar gewesen, in welcher Besetzung das LSG entschieden habe, weil der Sitzungsaushang die Namen von vier Berufsrichtern genannt habe. Wie die Klägerin indes selber einräumt, hat das LSG das angefochtene Urteil in der von § 33 Abs 1 S 1 SGG vorgeschriebenen Besetzung von drei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern gesprochen. Die Beschwerde behauptet nicht einmal und legt erst recht nicht substantiiert dar, dass die entscheidenden Berufsrichter, deren Namen aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung und dem Urteilsrubrum ersichtlich sind, nicht diejenigen waren, die der Geschäftsverteilungsplan des LSG in Verbindung mit demjenigen des entscheidenden Senats vorgesehen hat. Damit fehlt es an der substantiierten Darlegung, warum ihr Anspruch auf Entscheidung durch den gesetzlichen Richter nicht gewahrt gewesen sein sollte.
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b) Soweit die Beschwerde geltend machen will, die vertretungsweise Unterschrift unter das angefochtene Urteil durch einen der beisitzenden Richter anstelle des Vorsitzenden wegen dessen Urlaubsabwesenheit sei unter Verstoß von § 153 Abs 3 SGG rechtswidrig, so fehlt es ebenfalls bereits an einem substantiierten Tatsachenvortrag. Die Beschwerde trägt vor, möglicherweise sei der Vorsitzende lediglich kurz im Urlaub gewesen und habe deshalb selber unterschreiben müssen. Zudem sei nicht ersichtlich, dass der Unterzeichner der dienstälteste beisitzende Berufsrichter gewesen sei. Die Behauptung einer Möglichkeit ist aber ebenso wenig ein hinreichend substantiierter Tatsachenvortrag wie die Aussage, das Gegenteil einer Tatsache sei nicht ersichtlich. Vielmehr behauptet die Beschwerde lediglich vermutete Verfahrensmängel ins Blaue hinein, anstatt sie substantiiert darzulegen, wie § 160a Abs 2 S 3 SGG es verlangt. Schon deshalb verfehlt sie die Darlegungsanforderungen.
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c) Ebenso wenig hinreichend substantiiert dargetan ist die behauptete Verletzung der Amtsermittlungspflicht durch das LSG. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Soweit die Klägerin Verstöße gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) rügt, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zuletzt aufrechterhaltenen Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund deren bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (3) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zu einer weiteren Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (4) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweiserhebung und (5) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 5, 35, 45; BSG SozR 1500 § 160a Nr 24, 34).
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Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung der Klägerin nicht gerecht. Sie nimmt lediglich auf Beweisantritte bzw Beweisangebote in beiden Instanzen Bezug, ohne einen ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag zu bezeichnen und darzulegen, dass dieser bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem LSG aufrechterhalten worden ist.
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2. Auch die angebliche grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hat die Klägerin nicht substantiiert dargelegt.
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Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
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Die Beschwerde formuliert bereits keine klar erkennbare Rechtsfrage zur Auslegung einer revisiblen Rechtsnorm (vgl § 162 SGG). Soweit sie die Frage von Beweiserleichterungen bzw eines Anscheinsbeweises im Impfschadensrecht aufwerfen möchte, fehlt es darüber hinaus an jeder Auseinandersetzung mit den gesetzlichen Regelungen sowie der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl BSG Beschluss vom 12.4.1988 - 9/9a BVi 3/87 - Juris mwN; Beschluss vom 8.10.1987 - 9a BVi 8/86 - Juris mwN).
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3. Soweit die Beschwerde rügt, das LSG habe sich nicht mit den in der Berufungsschrift gerügten Mängeln beim Zustandekommen des Gerichtsbescheides des SG Mainz befasst, so fehlt es bereits an der Darlegung, warum etwaige - ohnehin von der Beschwerdeschrift nicht näher bezeichnete - Verfahrensmängel in der Ausgangsinstanz in der Berufungsinstanz fortwirken sollten.
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Mit seiner Kritik, das LSG habe zu Unrecht die Kostenentscheidung des SG nicht korrigiert, wendet sich die Beschwerde gegen die inhaltliche Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Einzelfall, die aber nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
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Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
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