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BSG 28.09.2016 - B 6 KA 17/16 B
BSG 28.09.2016 - B 6 KA 17/16 B - Vertrags(zahn)ärztliche Vergütungsbestimmung - Auslegung - Maßgeblichkeit des Wortlauts der Regelungen - erweiterte Abrechnungsmöglichkeit - Anwendung der Auslegungsgrundsätze auf eine konkrete Gebührenordnungsposition - keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache
Normen
§ 87 Abs 1 SGB 5, § 87 Abs 2 SGB 5, Nr 31142 EBM-Ä 2005, Nr 31143 EBM-Ä 2005, Anh 2 Nr 31143K EBM-Ä 2005, Nr 36143 EBM-Ä 2005, Nr 31142 EBM-Ä 2008, Nr 31143 EBM-Ä 2008, Anh 2 Nr 31143K EBM-Ä 2008, Nr 36143 EBM-Ä 2008, Nr 5-812.6 OPS 2006, Nr 5-812.6 OPS 2007, Nr 5-812.6 OPS 2008, EBM-Z, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Stuttgart, 14. Dezember 2011, Az: S 5 KA 6136/09, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg, 24. Februar 2016, Az: L 5 KA 5799/11, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. Februar 2016 wird zurückgewiesen.
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Die Klägerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
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Der Streitwert wird auf 46 317 Euro festgesetzt.
Gründe
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I. Die Beteiligten streiten über eine sachlich-rechnerische Richtigstellung für die Quartale II/2006 bis II/2008 in Höhe von insgesamt 46 316,87 Euro. Der verstorbene Ehemann der Klägerin habe, so die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV), zu Unrecht die Gebührenordnungsposition (GOP) 31143 und 31143 K bzw 36143 (endoskopischer Gelenkeingriff der Kategorie E 3 entsprechend Anhang 2) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) iVm dem OPS-Code 5-812.6 (Arthroskopische Operation am Gelenkknorpel und an den Menisken: Meniskusresektion, total) für die Totalresektion des Meniskus abgerechnet, wenn er Teilmeniskusresektionen vorgenommen habe. Gegen die mit Bescheid vom 11.11.2008 verfügten Honorarkürzungen wandte sich der Ehemann der Klägerin mit der Begründung, dass es medizinisch keine totale Meniskusresektion gebe, weshalb mit der entsprechenden GOP die funktionelle komplette Meniskusresektion gemeint sein müsse, die er jeweils durchgeführt habe. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.8.2009 zurück. Das SG hat mit Urteil vom 14.12.2011 den Bescheid aufgehoben. Das LSG hat mit der hier angefochtenen Entscheidung das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Begriff der Totalresektion sei substanz- und nicht funktionsbezogen zu verstehen.
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Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde, zu deren Begründung sie eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend macht.
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II. Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.
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1. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG liegen nicht vor. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 5 RdNr 3). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt dann, wenn die Frage bereits geklärt ist und/oder wenn sie sich ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder aus der bereits vorliegender Rechtsprechung klar beantworten lässt.
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a) Soweit die Klägerin die Frage stellt,
"ist bei der Auslegung des Wortlauts bei Begriffen mit fachsprachlicher Prägung und lateinischen Wurzeln auf die Nachweise in allgemein zugänglichen Nachschlagewerken zur Ermittlung des fachsprachlichen Gebrauchs abzustellen?",
ist bereits zweifelhaft, ob ihr Vortrag den Darlegungsanforderungen entspricht, weil die Klägerin sich nicht näher mit der bisherigen Rechtsprechung des Senats auseinandersetzt, sondern lediglich zwei neuere Entscheidungen zitiert. Unabhängig davon ist die Antwort auf die Rechtsfrage der Rechtsprechung des Senats zu entnehmen. Das LSG hat insofern zu Recht ausgeführt, dass für die Auslegung vertrags(zahn)ärztlicher Vergütungsbestimmungen nach der ständigen Rechtsprechung des BSG in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich ist (vgl hierzu zuletzt BSG Urteile vom 4.5.2016 - B 6 KA 16/15 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen - Juris RdNr 23 mwN). Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers des EBM-Ä, des Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs 1 SGB V, ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM-Ä als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände ist dann, wenn der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es einer Klarstellung bedarf. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht, kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet werden (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 12 mwN). Daraus hat das LSG zutreffend gefolgert, dass es nicht auf die in einem bestimmten medizinischen Fachgebiet gebräuchliche Terminologie ankommt, sondern auf den allgemeinen Bedeutungsgehalt der vom Normgeber verwendeten Worte. Die Beigeladenen weisen insofern zu Recht darauf hin, dass der Senat ausdrücklich entschieden hat, dass eine erweiterte Abrechnungsmöglichkeit nicht damit begründet werden kann, dass die Terminologie der Gebührenordnungen der medizinischen Realität nicht gerecht werde (BSG SozR 3-5533 Nr 2449 BMÄ Nr 1 S 3). Dass bei der Verwendung von Fremdworten lateinischen Ursprungs die deutsche Übersetzung heranzuziehen ist, entspricht dem Grundsatz der Wortlautauslegung. Im Übrigen ist zu beachten, dass hier die Abgrenzung zwischen den GOP 31142 und 31143 iVm dem jeweiligen Schlüssel für Operationen betroffen ist, wo zwischen "Meniskusresektion total" und "Meniskusresektion partiell" unterschieden wird.
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b) Die Frage,
"bedeutet das Tatbestandsmerkmal "Meniskusresektion total" im Sinne der OPS-Nr 5-812.6 iVm GOP 31143 (K) = 36143 EBM, dass eine funktionsbezogene und keine substanzbezogene Betrachtung, mithin eine vollständige Aufhebung der Meniskusfunktion mit Durchbrechen der Randleiste zu erfolgen hat?",
ist ebenfalls nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Anwendung der Grundsätze zur Auslegung der GOP der Bewertungsmaßstäbe auf eine konkrete GOP eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auch dann nicht begründet, wenn sich das BSG mit dieser konkreten GOP noch nicht ausdrücklich befasst hat (vgl BSG Beschluss vom 17.2.2016 - B 6 KA 63/15 B - Juris RdNr 4 mwN). Ungeachtet dessen hat das LSG die vom Senat aufgestellten Auslegungsgrundsätze zutreffend angewandt. Dem Wortlaut der OPS-Nr 5-812.6 ("Meniskusresektion total"), die Bestandteil der Leistungslegende der hier streitigen GOP war, kann ein Abstellen auf eine Funktion statt auf das Organ, wie die Klägerin dies für erforderlich hält, nicht entnommen werden. Die lateinische Wurzel des Begriffs "Resektion", das Verb "resecare" (Substantiv: "resectio"), bedeutet - wovon auch die Klägerin ausgeht - soviel wie abschneiden oder zurückschneiden. In Kombination mit dem Wort "total" kann nach dem Wortsinn darunter nur die vollständige Entfernung verstanden werden. In welchen Fällen ein solcher Eingriff am Meniskus sinnvoll ist und tatsächlich vorgenommen wird, ist für das Verständnis der GOP irrelevant.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm §§ 154 ff VwGO. Als erfolglose Rechtsmittelführerin hat die Klägerin auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO). Dies gilt nicht für die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, da diese keinen Antrag gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).
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3. Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der Honorarkürzungssumme (§ 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 52 Abs 3 Satz 1, § 47 Abs 3 GKG).
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