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BSG 01.04.2016 - B 14 AS 286/15 B
BSG 01.04.2016 - B 14 AS 286/15 B - Revisionszulassung - grundsätzliche Bedeutung - fehlende Klärungsbedürftigkeit - Grundsicherung für Arbeitsuchende - Aufhebung bzw Rücknahme der Leistungsbewilligung - Einkommensberücksichtigung - einmalige Einnahme - bereite Mittel - Einkommensverbrauch
Normen
§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB 10, § 45 Abs 2 S 3 Nr 2 SGB 10, § 11 Abs 1 SGB 2
Vorinstanz
vorgehend SG Gelsenkirchen, 28. August 2013, Az: S 27 AS 2381/11 WA, Urteil
vorgehend Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 29. Juli 2015, Az: L 12 AS 1837/13, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. Juli 2015 wird als unzulässig verworfen.
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Der Antrag des Klägers, ihm für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt T K, H, beizuordnen, wird abgelehnt.
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Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
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Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG).
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Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision ua zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder das Urteil des LSG von einer Entscheidung ua des BSG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2). Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist nicht zulässig. Beide hier geltend gemachten Zulassungsgründe hat der Kläger in der Begründung der Beschwerde nicht schlüssig dargelegt oder bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
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Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11). Die abstrakte Rechtsfrage ist klar zu formulieren, um an ihr die weiteren Voraussetzungen für die Revisionszulassung nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG prüfen zu können (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX. Kap, RdNr 181). Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Daher ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl Krasney/Udsching, aaO, IX. Kap, RdNr 65 f). Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16).
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Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Als grundsätzlich klärungsbedürftig erachtet sie die Frage,
"ob bei einer rückwirkenden Aufhebung von Leistungen gem. den §§ 45, 48 SGB X das Vorhandensein von 'bereiten Mitteln' Tatbestandsvoraussetzung der genannten Vorschriften ist".
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Damit wird bereits keine abstrakte, aus sich heraus verständliche Rechtsfrage formuliert, denn das Vorhandensein von bereiten Mitteln kann offensichtlich nicht Tatbestandsvoraussetzung der verfahrensrechtlichen Aufhebungsvorschriften §§ 45 und 48 SGB X, sondern allenfalls für die materiell-rechtlichen Vorschriften des SGB II zur Hilfebedürftigkeit von Bedeutung sein. Das Fehlen bereiter Mittel kann zur Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II führen und Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II in der Vergangenheit könnte einer rückwirkenden Aufhebung von SGB II-Leistungen nach §§ 45 oder 48 SGB X entgegenstehen. Doch auch so verstanden, ist die Rechtsfrage nicht klärungsbedürftig, weil die Frage, ob nur bei vorhandenen bereiten Mitteln im Aufhebungszeitraum SGB II-Leistungen rückwirkend aufgehoben werden können, für den Zufluss einer einmaligen Einnahme und deren Berücksichtigung im Verteilzeitraum entgegen der Beschwerdebegründung in der Rechtsprechung des BSG bereits geklärt ist.
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Danach erfolgt eine rückwirkende Aufhebung der im Zuflusszeitpunkt laufenden Bewilligung nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X, wenn und weil nach Erlass des Bewilligungsbescheides und während des laufenden Bewilligungszeitraums Einkommen tatsächlich zugeflossen war, zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stand und daher im Verteilzeitraum zu berücksichtigen war; ein späterer Verbrauch als weiteres Ausgabeverhalten während des Verteilzeitraums ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung (BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 89/12 R - BSGE 114, 188 = SozR 4-4200 § 11 Nr 62, RdNr 25). Für einen anschließenden Bewilligungszeitraum, in den der Verteilzeitraum hineinreicht, führt der nicht mitgeteilte Zufluss einer einmaligen Einnahme zur rückwirkenden Aufhebung nach § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 SGB X, wenn der Bewilligungsbescheid objektiv anfänglich rechtswidrig war; hieran fehlt es, wenn die Mittel aus der einmaligen Einnahme bei Erlass des Bewilligungsbescheides tatsächlich und unwiederbringlich verbraucht waren und als bereite Mittel nicht zur Verfügung standen (BSG, aaO, RdNr 29 bis 31).
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Der Beschwerdebegründung lässt sich nicht entnehmen, inwiefern trotz dieser Rechtsprechung noch eine weitere Klärung durch das BSG erforderlich ist.
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Für die Bezeichnung einer Abweichung (Divergenz) ist aufzuzeigen, mit welcher genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angefochtene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage des BSG abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG aufgestellt hat, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen vermag die Zulassung der Revision wegen Abweichung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss deshalb erkennen lassen, dass das LSG dem BSG widersprochen und von den bezeichneten rechtlichen Aussagen des BSG abweichende, dh mit diesen unvereinbare eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29, 54 und 67; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX. Kap, RdNr 196 mwN).
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Diese Voraussetzungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht, weil sich ihr nicht entnehmen lässt, dass das LSG mit einem tragenden abstrakten Rechtssatz dem BSG widersprochen hat. Soweit eine Abweichung vom oben dargestellten Urteil des BSG vom 10.9.2013 (B 4 AS 89/12 R - BSGE 114, 188 = SozR 4-4200 § 11 Nr 62) gerügt wird, lässt sich der Beschwerdebegründung nur entnehmen, wovon das LSG ausgegangen ist und was es unterstellt hat. Dem mag nach Maßgabe des genannten Urteils des BSG eine unzutreffende Rechtsanwendung des LSG zugrunde liegen, eine die Revision eröffnende Abweichung ist hierdurch indes nicht schlüssig bezeichnet. Denn eine mit Hilfe der Revisionszulassung zu beseitigende Gefährdung der Rechtseinheit ist nur und erst zu befürchten, wenn die Ausführungen des LSG unzweifelhaft die Deduktion des gefundenen Ergebnisses aus einem sich aus der Entscheidung selbst wenigstens schlüssig ergebenden Rechtssatz, den das LSG als solchen auch vertreten und einem Rechtssatz des BSG entgegenhalten wollte, erkennen lassen (zuletzt BSG Beschluss vom 26.3.2015 - B 14 AS 345/14 B - juris RdNr 5, unter Hinweis auf BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26).
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Auch soweit eine Abweichung vom Urteil des BSG vom 12.12.2013 - B 14 AS 76/12 R - gerügt wird, erfüllt die Beschwerdebegründung die oben dargestellten Voraussetzungen nicht. Zum einen lässt sich ihr auch insoweit nicht entnehmen, dass das LSG vom BSG abweichende, dh mit diesen unvereinbare eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Zum anderen kann das genannte Urteil des BSG schon deshalb keinen tragenden Rechtssatz enthalten, von dem das LSG hätte abweichen können, weil dem Urteil des BSG - anders als nach der Beschwerdebegründung dem Urteil des LSG - nicht ein Sachverhalt mit rückwirkender Aufhebung bewilligter Leistungen, sondern ein erneutes Leistungsbegehren für die Zukunft wegen zwischenzeitlichen Verbrauchs einer einmaligen Einnahme zugrunde lag.
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PKH ist dem Kläger nicht zu bewilligen, da seine Rechtsverfolgung aus den vorstehend genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO). Da der Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH hat, ist auch sein Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO).
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Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
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