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BSG 06.03.2013 - B 11 AL 93/12 B
BSG 06.03.2013 - B 11 AL 93/12 B - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - fehlende Klärungsbedürftigkeit - Vermittlungsgutschein - Vergütungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers - erfolgreiche Vermittlung während des Geltungszeitraums des Vermittlungsgutscheins - kein Wegfall der Gültigkeit des Vermittlungsgutscheins durch kurze Beschäftigung
Normen
§ 421g Abs 1 S 4 SGB 3, § 421g Abs 1 S 6 SGB 3, § 421g Abs 2 S 3 SGB 3, § 296 BGB, §§ 296ff BGB, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG
Vorinstanz
vorgehend Sozialgericht für das Saarland, 12. Juli 2011, Az: S 16 AL 148/10, Urteil
vorgehend Landessozialgericht für das Saarland, 20. April 2012, Az: L 6 AL 27/11, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 20. April 2012 wird zurückgewiesen.
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Die Beklagte trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
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Der Streitwert wird auf 1000 Euro festgesetzt.
Gründe
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I. Die Beteiligten streiten über die Auszahlung der Vergütung aus einem dem Beigeladenen ausgestellten Vermittlungsgutschein (VGS) an den Kläger.
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Am 9.1.2009 schloss der Kläger, ein privater Arbeitsvermittler, mit dem Beigeladenen einen sog Vermittlungsvertrag. Die Beklagte stellte dem Beigeladenen am 23.4.2009 einen VGS aus, der eine Gültigkeitsdauer vom 23.4. bis zum 22.7.2009 auswies. Der Kläger vermittelte den Beigeladenen daraufhin in ein (bis September 2009 befristetes) sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bei der Firma T. Dieses bestand jedoch nur in der Zeit vom 19. bis zum 22.5.2009. Aufgrund weiterer Vermittlungstätigkeit des Klägers schloss der Beigeladene am 27.5.2009 einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit der Firma L. ab; das Arbeitsverhältnis dauert noch an.
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Am 7.7.2009 beantragte der Kläger die Auszahlung der ersten Rate der Vermittlungsvergütung iHv 1000 Euro. Die Beklagte lehnte dies mit der Begründung ab, der VGS habe durch die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung am 19.5.2009 seine Gültigkeit verloren, weshalb ein Vergütungsanspruch nicht bestehe; es habe sich auch nicht um eine "Umvermittlung" gehandelt, weil sich das nachfolgende (zweite) Arbeitsverhältnis bei der Firma L. nicht nahtlos an das erste angeschlossen habe (Bescheid vom 24.7.2009; Widerspruchsbescheid vom 15.9.2009).
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Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt (Urteil vom 12.7.2011), das Landessozialgericht (LSG) hat deren Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 20.4.2012). Das LSG hat sich im Wesentlichen den Ausführungen des SG angeschlossen, wonach dem Kläger ein Vergütungsanspruch zustehe. Denn er habe den Beigeladenen innerhalb der im VGS bezeichneten Gültigkeitsdauer in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis von mindestens 15 Stunden wöchentlich vermittelt. Die Gültigkeitsdauer werde nicht dadurch begrenzt, dass der Beigeladene bereits zuvor für die Zeit vom 19. bis 22.5.2009 in einem vom Kläger vermittelten Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Entscheidend sei, dass sich der Vermittlungsmakler unabhängig davon, wann der Gutschein ausgestellt worden sei, auf den im Gutschein selbst vorgesehenen Geltungszeitraum verlassen dürfe und der Vermittlungserfolg eingetreten sei. Weder der VGS noch § 421g Abs 1 S 6 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) sähen vor, dass der VGS seine Gültigkeit innerhalb der Gültigkeitsdauer von drei Monaten durch eine erfolgte Vermittlung verliere bzw mit Beginn eines Beschäftigungsverhältnisses "verbraucht" werde.
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Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die Beklagte die Rechtsgrundsätzlichkeit folgender Rechtsfragen geltend:
"1. Verliert der Vermittlungsgutschein (nachfolgend "VGS") seine Gültigkeit mit der Aufnahme einer ersten Beschäftigung aufgrund der Vermittlung durch den privaten Arbeitsvermittler, wenn diese Beschäftigung weniger als 6 Wochen andauerte und für diese Beschäftigung deshalb die Zahlung einer Vermittlungsvergütung gem. § 421g Abs. 2 S. 3 SGB III i.d.F. d. Vierten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19.11.2004 - BGBl I S. 2902 - ausgeschlossen ist, und die Aufnahme einer zweiten, ebenfalls durch den privaten Arbeitsvermittler vermittelten Beschäftigung sich nicht nahtlos an das Ende des ersten Beschäftigungsverhältnisses anschließt?
2. Führt das Erlöschen des Alg-Anspruchs der arbeitslosen Person vor Ablauf der nach § 421g Abs. 1 S. 6 SGB III im Vermittlungsgutschein festgelegten Drei-Monats-Frist zum Erlöschen der Gültigkeit des Vermittlungsgutscheins?"
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Diese beiden Rechtsfragen seien noch nicht geklärt. Die Klärung ergebe sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz und auch Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liege hierzu noch nicht vor.
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II. Die Beschwerde der Beklagten ist jedenfalls unbegründet.
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Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdebegründung der Beklagten vom 24.10.2012 den Darlegungserfordernissen für den geltend gemachten Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) hinreichend entspricht. Denn den von der Beklagten aufgeworfenen Rechtsfragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Es fehlt an deren Klärungsbedürftigkeit, weil sie sich jeweils aus dem Gesetz und hierzu vorliegender Rechtsprechung des BSG zweifelsfrei mit "nein" beantworten lassen. Der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf es daher nicht.
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1. Zur ersten Rechtsfrage nach dem Verlust der Gültigkeit eines VGS hat das LSG bereits zutreffend auf die Regelung in § 421g Abs 1 S 6 SGB III in der hier maßgeblichen, bis zum 31.3.2012 geltenden Fassung (aF; ab 1.4.2012: abweichend geregelt in § 45 Abs 4 S 2 SGB III) verwiesen, wonach der VGS für einen Zeitraum von jeweils drei Monaten gilt. Das Gesetz sieht nicht vor, dass ein ausgestellter VGS seine Gültigkeit innerhalb der Gültigkeitsdauer durch eine erfolgte Vermittlung verliert bzw dieser Gutschein mit dem Beginn eines Beschäftigungsverhältnisses "verbraucht" wird.
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Letzteres lässt sich auch nicht aus der von der Beklagten in ihrer Beschwerdebegründung herangezogenen Regelung in § 421g Abs 1 S 4 SGB III aF entnehmen. Danach verpflichtet sich die Agentur für Arbeit mit dem VGS, den Vergütungsanspruch eines vom Arbeitnehmer eingeschalteten Vermittlers, der den Arbeitnehmer "in eine versicherungspflichtige Beschäftigung" mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich vermittelt hat, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu erfüllen. Abgesehen davon, dass das Wort "eine" (Beschäftigung) - wie die Beklagte in ihrer Beschwerdebegründung selbst einräumt - keineswegs zwangsläufig eine Beschränkung im numerischen Sinne nahelegt, ergibt sich gerade aus der in Bezug genommenen Folgevorschrift in § 421g Abs 1 S 6 SGB III aF, dass der Vergütungsanspruch (nur) den Vermittlungserfolg während der Geltungsdauer des VGS voraussetzt (vgl BSG, Urteile vom 6.5.2008 - B 7/7a AL 8/07 R - BSGE 100, 238 = SozR 4-4300 § 421g Nr 3, RdNr 17-18 und vom 23.2.2011 - B 11 AL 11/10 R - Juris RdNr 20).
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Dem lässt sich auch nicht - wie die Beklagte meint - entgegenhalten, dass die Entscheidung des BSG vom 23.2.2011 nur eine Vermittlung in ein einziges Beschäftigungsverhältnis zum Gegenstand gehabt habe und folglich nicht auf die vorliegende Fallgestaltung übertragbar sei. Denn aus der Gesetzesbegründung zu § 421g SGB III ergeben sich keine Hinweise darauf, dass der VGS mit der Vermittlung in ein einziges Beschäftigungsverhältnis "verbraucht" sein soll. Voraussetzung für den Vergütungsanspruch ist allein, dass "die Einschaltung des Vermittlers zu der Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung mit mindestens 15 Wochenstunden geführt hat" (BT-Drucks 14/8546 S 10 zu Nr 34 421g>). Unberührt bleibt zudem der Anspruch an die Arbeitsverwaltung, den Arbeitslosen zügig zu vermitteln sowie effektiv und nachhaltig in den Arbeitsmarkt zu integrieren (BT-Drucks aaO). Mit diesem gesetzgeberischen Ziel ist die von der Beklagten vertretene Ansicht eines "Verbrauchs" des VGS mit dem ersten Vermittlungsvorgang nicht zu vereinbaren. Auch schließt die Tatsache, dass nach § 421g Abs 2 S 3 SGB III aF - um Missbräuchen zu begegnen - die Vergütung in Höhe von 1000 Euro (erst) nach einer sechswöchigen und der Restbetrag (erst) nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt wird und deshalb anlässlich der Beschäftigung des Beigeladenen bei der Firma T. kein Zahlungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte entstanden ist, einen Zahlungsanspruch des Klägers anlässlich der zweiten, dauerhaften Vermittlung des Beigeladenen nicht aus.
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2. Auch für die von der Beklagten aufgeworfene zweite Rechtsfrage ergeben sich aus dem Gesetz keinerlei Anhaltspunkte, dass der Wegfall des Alg-Anspruchs des Beigeladenen anlässlich seiner Tätigkeit bei der Firma T. vom 19. bis zum 22.5.2009 zum Erlöschen der Gültigkeit des VGS geführt hat. Nach § 421g Abs 1 S 1 SGB III aF ist zwar Voraussetzung für die Erteilung eines VGS ua ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Alg. Doch mit der Erteilung des VGS und der darin zum Ausdruck gekommenen Erklärung, dass die Voraussetzungen des § 421g Abs 1 S 1 SGB III aF vorliegen, ist die Agentur für Arbeit hieran - wie es § 421g Abs 1 S 4 SGB III aF vorsieht - nach Sinn und Zweck der Regelung gebunden (vgl BSG, Urteil vom 6.5.2008, aaO, RdNr 17-18 unter ausdrücklichem Hinweis auf Urmersbach in Eicher/ Schlegel, SGB III, § 421g RdNr 31). Innerhalb des Beziehungsdreiecks zwischen dem Arbeitsuchenden, dem privaten Arbeitsvermittler und der Agentur für Arbeit ist für den Zahlungsanspruch des Vermittlers gegen die Agentur für Arbeit nach § 421g Abs 2 S 3 und S 4 SGB III aF (nur) entscheidend, dass die Vermittlung innerhalb der Gültigkeitsdauer des VGS in eine Beschäftigung des Arbeitslosen mündet (vgl BSG Urteil vom 6.5.2008, aaO, RdNr 17-18). Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, ob der Anspruch des Beigeladenen auf Alg in der Zeit ab dem Ende seiner ersten Beschäftigung bis zum Beginn seiner zweiten Beschäftigung, dh vom 23. bis 26.5.2009, wieder aufgelebt ist (vgl § 122 Abs 2 Nr 1 SGB III aF).
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3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 Verwaltungsgerichtsordnung; die Festsetzung des Streitwerts auf § 197a SGG iVm § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 und 3 Gerichtskostengesetz.
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