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BFH 08.11.2018 - III R 31/17
BFH 08.11.2018 - III R 31/17 - Billigkeitserlass bei Kindergeldrückforderung
Normen
§ 227 AO, § 11 SGB 2, § 68 Abs 1 EStG 2009, § 102 FGO, Art 20 Abs 1 GG, § 5 AO, § 37 Abs 2 AO, § 70 Abs 2 EStG 2009, EStG VZ 2014
Vorinstanz
vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 7. November 2017, Az: 3 K 69/17 (Kg), Urteil
Leitsatz
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NV: Auch wenn das Kindergeld vom Kindergeldberechtigten an das Kind weitergeleitet und daher auf Sozialleistungen des Kindes angerechnet wird, zwingt dies nicht zum Erlass der Rückforderung beim Kindergeldberechtigten, der seine Mitwirkungspflicht verletzt hat .
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 7. November 2017 3 K 69/17 (Kg) aufgehoben, soweit es die Beklagte verpflichtet, die Rückforderung von Kindergeld in Höhe von 780 € aus dem Bescheid vom 30. März 2016 zu erlassen.
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Die Klage wird insoweit abgewiesen.
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Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
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Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Beteiligten streiten über einen Billigkeitserlass einer Kindergeldrückforderung gemäß § 227 der Abgabenordnung (AO) für den Zeitraum April 2014 bis August 2014 in Höhe von 780 € und von Säumniszuschlägen in Höhe von 11 € hierzu.
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Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) bezog für ihre am 3. Juli 1990 geborene Tochter A im Jahre 2014 Kindergeld in Höhe von monatlich 184 €, das sie an A weiterleitete. A befand sich seit dem 5. September 2011 in Ausbildung. Diese wurde am 1. Oktober 2013 aufgrund eines Beschäftigungsverbots unterbrochen. Am 12. Dezember 2013 wurde die Enkeltochter der Klägerin und Tochter der A geboren. Die Mutterschutzfrist für A endete am 6. Februar 2014. Von März 2014 bis August 2014 befand sich A in Elternzeit und nahm ihre Ausbildung erst wieder am 1. September 2014 auf. Dies wurde seitens der Klägerin verspätet an die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) mitgeteilt, so dass Kindergeld bis August 2014 weitergezahlt wurde.
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Von März 2014 bis August 2014 befand sich A auch im Leistungsbezug des Jobcenters nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Das Kindergeld wurde bei der Bedarfsberechnung bei A als Einkommenszufluss berücksichtigt. Für August 2014 wurde neben dem Kindergeld noch Elterngeld in Höhe von 75,39 € angerechnet. Vom Anrechnungsbetrag wurde monatlich ein Betrag von 30 € als "Pauschale" abgezogen.
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Mit Bescheid vom 30. März 2016 hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung nach § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung (EStG) für die Monate März bis August 2014 auf und forderte nach § 37 Abs. 2 AO Kindergeld in Höhe von 1.104 € zurück. Nachdem die Klägerin anfänglich nicht zahlte, wurden Säumniszuschläge in Höhe von 11 € verwirkt.
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Am 6. Juni 2016 beantragte die Klägerin, die Rückforderung zu erlassen (§ 227 AO). Der Erlassantrag hatte nur insoweit Erfolg, als die Familienkasse mit Bescheid vom 12. August 2016 die Kindergeldrückforderung für den Monat März 2014 in Höhe von 154 € aufgrund sachlicher Unbilligkeit erließ, da die Überzahlung für den ersten Monat auch bei rechtzeitiger Mitwirkung nicht vermeidbar gewesen wäre. Den weitergehenden Erlassantrag in Höhe von 961 € lehnte sie ab, da die entstandene Überzahlung auf einer Verletzung der Mitwirkungspflichten der Klägerin beruhe.
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Den Einspruch gegen die Ablehnung des weitergehenden Erlassantrags hatte keinen Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage hiergegen teilweise statt. Es verpflichtete die Familienkasse, aus sachlichen Billigkeitsgründen gemäß § 227 AO den Rückforderungsbetrag in Höhe von 780 € zu erlassen. Bezüglich der Säumniszuschläge in Höhe von 11 € hob es die Ablehnung des Erlasses und die Einspruchsentscheidung wegen Ermessensfehlern auf und verpflichtete die Familienkasse, neu zu entscheiden. Im Übrigen wies es die Klage ab.
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Mit der Revision rügt die Familienkasse die Verletzung von Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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Die Familienkasse beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es die Beklagte verpflichtet, die Rückforderung in Höhe von 780 € zu erlassen und über den Erlass der Säumniszuschläge in Höhe von 11 € erneut zu entscheiden und die Klage auch insoweit abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision der Familienkasse ist teilweise begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klageabweisung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO), soweit sie die Verpflichtung zum Erlass der Kindergeldrückforderung in Höhe von 780 € betrifft. Die Revision ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO), soweit sie die Neubescheidung des Erlassantrags bezüglich der Säumniszuschläge in Höhe von 11 € betrifft.
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1. Die Entscheidung über den Erlass ist eine Ermessensentscheidung der Behörde (grundlegend: Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70, BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603). Dem folgt die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu § 227 AO (z.B. BFH-Urteile vom 29. August 1991 V R 78/86, BFHE 165, 178, BStBl II 1991, 906, Rz 15; vom 16. November 2005 X R 3/04, BFHE 211, 30, BStBl II 2006, 155, Rz 19, und vom 19. April 2012 III R 85/11, BFH/NV 2012, 1411, Rz 12). Im finanzgerichtlichen Verfahren kann die behördliche Ermessensentscheidung nach § 102 FGO nur daraufhin überprüft werden, ob die Grenzen der Ermessensausübung eingehalten worden sind (Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 102 Rz 15, m.w.N.).
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2. Eine Unbilligkeit aus sachlichen Gründen i.S. des § 227 AO ist anzunehmen, wenn die Geltendmachung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis im Einzelfall zwar dem Wortlaut einer Vorschrift entspricht, aber nach dem Zweck des zugrunde liegenden Gesetzes nicht (mehr) zu rechtfertigen ist oder dessen Wertungen zuwiderläuft (sog. Gesetzesüberhang, vgl. BFH-Urteile vom 21. Oktober 1987 X R 29/81, BFH/NV 1988, 546, Rz 16; vom 20. Dezember 2000 II R 74/99, BFH/NV 2001, 1027, Rz 15; vom 21. Juni 2006 XI R 29/05, BFH/NV 2006, 1833, Rz 12; vom 5. Mai 2011 V R 39/10, BFH/NV 2011, 1474, Rz 15, und vom 24. April 2014 V R 52/13, BFHE 245, 105, BStBl II 2015, 106).
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3. Der BFH hat mehrfach darauf hingewiesen, dass ein Billigkeitserlass nach § 227 AO gerechtfertigt sein kann, wenn Kindergeld zurückgefordert wird, das bei der Berechnung der Höhe von Sozialleistungen als Einkommen angesetzt wurde, aber eine nachträgliche Korrektur der Leistungen nicht möglich ist (BFH-Urteile vom 15. März 2007 III R 54/05, BFH/NV 2007, 1298, Rz 36; vom 19. November 2008 III R 108/06, BFH/NV 2009, 357, Rz 11; vom 18. Dezember 2008 III R 93/06, BFH/NV 2009, 749, Rz 20; vom 30. Juli 2009 III R 22/07, BFH/NV 2009, 1983, Rz 16, und vom 22. September 2011 III R 78/08, BFH/NV 2012, 204, Rz 24; vgl. auch BFH-Beschlüsse vom 6. Mai 2011 III B 130/10, BFH/NV 2011, 1353, Rz 6; vom 27. Dezember 2011 III B 35/11, BFH/NV 2012, 696, Rz 5, und vom 23. Februar 2015 III B 41/14, BFH/NV 2015, 658, Rz 5).
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4. Das FG hat im vorliegenden Fall zu Unrecht unter Berufung auf diese Rechtsprechung einen Anspruch der Klägerin auf Billigkeitserlass bejaht. Es bestand im Streitfall keine Ermessensreduktion auf Null dahingehend, dass nur ein Erlass das einzig mögliche Ergebnis der Ermessensausübung sein konnte.
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a) Allein der Umstand, dass das Kindergeld im Streitfall auf die von A bezogenen Sozialleistungen angerechnet wurde, verpflichtet die Familienkasse nicht zu einem Billigkeitserlass. Die Anrechnung kann nach der Rechtsprechung der Sozialgerichte nicht rückabgewickelt werden, weil es allein auf den tatsächlichen Zufluss des Kindergeldes beim Hilfeempfänger ankommt und die nachträgliche Gewährung von Sozialleistungen ausgeschlossen ist (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 23. August 2011 B 14 AS 165/10 R, Die Sozialgerichtsbarkeit 2012, 470; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 13. November 2003 5 C 26/02, Die Öffentliche Verwaltung 2004, 793, m.w.N.; Landessozialgericht --LSG-- Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Juni 2018 L 34 AS 201/15, juris, Rz 39; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. März 2012 L 2 AS 5392/11, juris, Rz 34; Hessisches LSG, Urteil vom 24. April 2013 L 6 AS 376/11, juris, Rz 29 ff.; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 25. Mai 2010 L 3 AS 64/10 B PKH, juris, Rz 14, und vom 21. Juli 2017 L 3 AS 125/17 B PKH, juris, Rz 15; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. Dezember 2013 L 6 AS 926/13 B, juris, Rz 14; Sozialgericht für das Saarland, Urteil vom 22. März 2012 S 12 AS 362/11, juris, Rz 17). Es fehlt zwar eine gesetzliche Regelung der systemübergreifenden Rückabwicklung von zu Unrecht gewährtem Kindergeld, das auf Sozialleistungen angerechnet wurde. Dies ist jedoch noch kein Grund, in einschlägigen Fällen einen Billigkeitserlass als zwingend anzusehen.
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b) Es lag letztlich an der Klägerin, der Familienkasse die Informationen zu übermitteln, die für die Kindergeldfestsetzung von Bedeutung waren. Ein Kindergeldberechtigter ist nach § 68 Abs. 1 EStG verpflichtet, alle Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen. Die Vorschrift regelt das Verhältnis zwischen dem Kindergeldberechtigten und der Familienkasse und soll gewährleisten, dass der Familienkasse alle notwendigen Informationen zur Verfügung stehen, um rechtzeitig die Rechtmäßigkeit der Auszahlung von Kindergeld beurteilen zu können und fehlerhafte Auszahlungen und damit zusammenhängende spätere Rückforderungen zu vermeiden. Zahlt die Familienkasse das Kindergeld zu Unrecht aus, weil der Kindergeldempfänger es unterlassen hat, die Familienkasse über tatsächliche Verhältnisse zu informieren, die für den Anspruch auf Kindergeld von Bedeutung sind, ist der Familienkasse aus diesem Grund kein Fehlverhalten vorzuwerfen. Dann liegt kein Gesetzesüberhang vor, der einen Billigkeitserlass gebietet.
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c) Der Umstand, dass die Klägerin das Kindergeld an A weitergeleitet hat, ändert hieran nichts. Denn auch wenn das Kindergeld vom Berechtigten an das Kind weitergeleitet und daher auf Sozialleistungen des Kindes angerechnet wird, zwingt dies nicht zum Erlass der Rückforderung beim Berechtigten, der seine Mitwirkungspflicht verletzt hat.
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d) Dem steht auch nicht das Sozialstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) entgegen. Denn das Sozialstaatsprinzip begründet nur die Pflicht des Staates dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen für die Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins erfüllt werden, wenn einem Menschen die hierfür erforderlichen notwendigen materiellen Mittel weder aus seiner Erwerbstätigkeit noch aus seinem Vermögen oder durch Zuwendungen Dritter zur Verfügung stehen (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juli 2016 1 BvR 371/11, BVerfGE 142, 353, Rz 39). Dem ist der Gesetzgeber im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraums in ausreichender Weise nachgekommen. Die vorliegende Rückforderung beruht aber nicht auf einer unzureichenden Ausgestaltung einer gerechten Sozialordnung, sondern auf der Mitwirkungspflichtverletzung der Klägerin.
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5. Der Streitfall bietet darüber hinaus keinen Anlass abschließend zu entscheiden, in welchen Fällen allein ein Billigkeitserlass in Betracht kommt.
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a) Denkbar sind Konstellationen, in denen der Kindergeldberechtigte seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen ist, der Rückforderungsanspruch aber aufgrund eines über Gebühr langen Zuwartens der Familienkasse entstanden ist oder sich erhöht hat (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 6. März 2014 16 K 3046/13 AO, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2014, 977, Rz 24; FG Bremen, Urteil vom 28. August 2014 3 K 9/14 (1), EFG 2014, 1944, Rz 72; FG Münster, Urteil vom 12. Dezember 2016 13 K 91/16 Kg, juris, Rz 36) oder in denen die Familienkasse aus den ihr bekannten Tatsachen die unzutreffenden Schlüsse gezogen hat (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 22. September 2011 16 K 1279/11 Kg, AO, EFG 2011, 2176).
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b) Für einen Erlass aus Billigkeitsgründen kann auch von Bedeutung sein, ob ein Beteiligter eine falsche Auskunft erteilt hat oder einen gebotenen Hinweis unterlassen hat (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 1298, Rz 36) oder ob eine gebotene Rückfrage an den Kindergeldberechtigten unterblieben ist (vgl. FG Düsseldorf, Urteil in EFG 2014, 977, Rz 24; FG Bremen, Urteil in EFG 2014, 1944, Rz 72; FG Münster, Urteil vom 12. Dezember 2016 13 K 91/16 Kg, juris, Rz 36).
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6. Die Entscheidung des FG, dass allein schon eine lückenhafte rechtliche Ausgestaltung des Dreiecksverhältnisses zwischen der Familienkasse, dem Sozialleistungsträger und dem Kindergeldberechtigten und Hilfeempfänger zu dessen Benachteiligung führt, kann nach den vorstehenden Grundsätzen keinen Bestand haben.
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a) Denn nach den Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) lag kein fehlerhaftes oder zögerliches Verwaltungshandeln der Familienkasse vor, das Anlass für einen Billigkeitserlass sein könnte. Das FG hat vielmehr festgestellt, dass die Klägerin der Familienkasse die Elternzeit verspätet mitgeteilt hat, was zur Weiterzahlung des Kindergeldes führte.
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b) Die Familienkasse hat bei ihrer Ablehnung die Anrechnung des Kindergeldes auf die Sozialleistungen gemäß § 11 SGB II berücksichtigt und bei ihrer Entscheidung die Verletzung der Mitwirkungspflicht nach § 68 Abs. 1 EStG durch die Klägerin gewürdigt, welche die Elternzeit der A verspätet mitteilte. Sie hat den Rückforderungsbetrag im Übrigen insoweit erlassen, als auch eine rechtzeitige Mitteilung durch die Klägerin die Überzahlung nicht verhindert hätte. Ermessensfehler sind der Familienkasse somit nicht unterlaufen. Die Klage war daher insoweit abzuweisen.
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7. Bezüglich der Säumniszuschläge in Höhe von 11 € ist die Revision unbegründet und zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend entschieden, dass der angefochtene Bescheid und die Einspruchsentscheidung rechtswidrig sind, weil sie über die Ermessenserwägungen der Familienkasse keinen Aufschluss geben.
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a) Gemäß § 121 AO ist ein Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen, soweit dies zu seinem Verständnis erforderlich ist. Dies gilt insbesondere für Ermessensentscheidungen, denn die maßgebenden Erwägungen bei der Ermessensausübung müssen aus der Entscheidung erkennbar sein (BFH-Urteile vom 13. Juni 1991 V R 44/87, BFH/NV 1992, 78, Rz 14; vom 2. September 2010 VI R 3/09, BFHE 230, 500, BStBl II 2011, 233, Rz 18). Eine nicht begründete Ermessensentscheidung der Verwaltung ist im Regelfall rechtsfehlerhaft (z.B. BFH-Urteil vom 1. Juli 2008 II R 2/07, BFHE 222, 68, BStBl II 2008, 897; Klein/Gersch, AO, 14. Aufl., § 5 Rz 13, jeweils m.w.N.).
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b) Im Streitfall hat die Familienkasse weder im angefochtenen Ablehnungsbescheid noch in der Einspruchsentscheidung die Ablehnung des Erlasses der Säumniszuschläge in Höhe von 11 € begründet. Aus den behördlichen Entscheidungen geht nicht einmal hervor, dass sich die Familienkasse des ihr eingeräumten Ermessens bezüglich der Säumniszuschläge bewusst war.
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Eine Begründung konnte im vorliegenden Fall auch nicht entfallen, weil --wie die Familienkasse meint-- bereits die Hauptforderung nicht zu erlassen war. Dies kann bereits deshalb nicht gelten, da Säumniszuschläge ein Druckmittel eigener Art sind (vgl. nur BFH-Beschluss vom 2. März 2017 II B 33/16, BFHE 257, 27, BStBl II 2017, 646, Rz 32, m.w.N.), die nach § 240 Abs. 1 Satz 4 AO unberührt bleiben, wenn die Festsetzung der Hauptforderung aufgehoben oder geändert wird. Der Grundsatz der Akzessorietät, nach dem Säumniszuschläge als steuerliche Nebenleistungen grundsätzlich vom Bestehen der ihnen zugrunde liegenden Steuerschuld abhängig sind (vgl. nur Klein/Gersch, a.a.O., § 3 Rz 30), wird durch diese Vorschrift nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (vgl. BTDrucks 7/4292, S. 39) für Säumniszuschläge durchbrochen (BFH-Urteil vom 20. Mai 2010 V R 42/08, BFHE 229, 83, BStBl II 2010, 955, Rz 20 f., m.w.N.).
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Dementsprechend kann auch der Erlass der Säumniszuschläge nicht vom Erlass der Hauptforderung abhängen, sodass es einer eigenständigen Ermessensentscheidung der Behörde dazu bedarf, die auch begründet werden muss. Die Familienkasse wird daher über den Erlass der Säumniszuschläge neu entscheiden müssen.
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8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Da der Streitwert hinsichtlich des Erlasses der Säumniszuschläge verhältnismäßig gering ist, hat der Senat auf eine Aufteilung der Kosten verzichtet.
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