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BFH 05.10.2011 - II R 9/11
BFH 05.10.2011 - II R 9/11 - Beitrittsaufforderung: Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des ErbStG in der Fassung des ErbStRG und des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes - Mögliche Steuergestaltungen - Lohnsummenregelung bei Schwestergesellschaften - Betriebsaufspaltung
Normen
Art 3 Abs 1 GG, § 12 Abs 5 ErbStG 1997 vom 24.12.2008, § 13a ErbStG 1997 vom 22.12.2009, § 13b ErbStG 1997 vom 24.12.2008, § 19 Abs 1 ErbStG 1997 vom 22.12.2009, § 15 Abs 3 Nr 2 EStG 2009, § 19 Abs 1 ErbStG 1997 vom 24.12.2008
Vorinstanz
vorgehend FG Düsseldorf, 12. Januar 2011, Az: 4 K 2574/10 Erb, Urteil
nachgehend BFH, 27. September 2012, Az: II R 9/11, Vorlagebeschluss
nachgehend BFH, 20. Januar 2015, Az: II R 9/11, Urteil
Leitsatz
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Das BMF wird aufgefordert, dem Verfahren beizutreten. Im Streitfall geht es um die Fragen,
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1. ob die auf Steuerentstehungszeitpunkte im Jahr 2009 beschränkte Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II und III verfassungsgemäß ist und
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2. ob § 19 Abs. 1 i.V.m. §§ 13a und 13b ErbStG deshalb gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, weil die §§ 13a und 13b ErbStG es ermöglichen, durch bloße Wahl bestimmter Gestaltungen die Steuerfreiheit des Erwerbs von Vermögen gleich welcher Art und unabhängig von dessen Zusammensetzung und Bedeutung für das Gemeinwohl zu erreichen .
Tatbestand
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Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist zu 1/4 Miterbe des im Januar 2009 verstorbenen Bruders seines Vaters. Der Nachlass setzte sich aus Guthaben bei Kreditinstituten und einem Steuererstattungsanspruch zusammen. Der Wert des auf den Kläger entfallenden Anteils am Nachlass belief sich auf 51.266 €. Auf den sich hieraus nach Berücksichtigung des in § 16 Abs. 1 Nr. 5 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung des Erbschaftsteuerreformgesetzes vom 24. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 3018) --ErbStG-- für Personen der Steuerklasse II vorgesehenen Freibetrags von 20.000 € und Abrundung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 6 ErbStG verbleibenden steuerpflichtigen Erwerb von 31.200 € wandte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den in § 19 Abs. 1 ErbStG für die Steuerklasse II vorgesehenen Steuersatz von 30 % an, so dass sich eine Erbschaftsteuer von 9.360 € ergab.
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Einspruch und Klage, mit denen der Kläger eine Herabsetzung der Steuer auf 4.680 € begehrte, blieben erfolglos. Der Kläger machte geltend, entgegen § 37 Abs. 1 ErbStG in der Fassung des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes vom 22. Dezember 2009 (BGBl I 2009, 3950), der die Anwendung des § 19 Abs. 1 ErbStG in der Fassung dieses Gesetzes (hier: Steuersatz 15 %) nur für steuerpflichtige Erwerbe in der Steuerklasse II, für die die Steuer nach dem 31. Dezember 2009 entsteht, vorsehe, sei auch im Streitfall der Steuersatz von 15 % zugrunde zu legen. Das Finanzgericht (FG) vertrat in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1079 veröffentlichten Urteil die Ansicht, die Anwendung des Steuersatzes von 30 % verstoße weder gegen das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Es sei verfassungsrechtlich nicht geboten, Personen der Steuerklasse II erbschaftsteuerrechtlich besser zu behandeln als Personen der Steuerklasse III. Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei auch, dass die Gleichstellung der Personen der Steuerklasse II und III nur für Steuerentstehungszeitpunkte im Jahr 2009 gelte, während für die Zeit davor und danach die Personen der Steuerklasse II erbschaftsteuerrechtlich besser behandelt würden als die Personen der Steuerklasse III. Der Gesetzgeber habe dadurch seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten.
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Der Kläger rügt mit der Revision Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG. Die Änderung des § 19 Abs. 1 ErbStG durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz zugunsten der Personen der Steuerklasse II hätte rückwirkend auf das Jahr 2009 erfolgen müssen.
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Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und unter Änderung des Erbschaftsteuerbescheids vom 17. Februar 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung die Erbschaftsteuer auf 4.680 € herabzusetzen.
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Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Aufforderung zum Beitritt beruht auf § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung, weil das vorliegende Revisionsverfahren eine auf Bundesrecht beruhende Abgabe und eine Rechtsstreitigkeit über Bundesrecht, nämlich Vorschriften des ErbStG, betrifft.
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1. Im Revisionsverfahren werden zunächst die vom Kläger aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen zu prüfen sein. In der Literatur werden hinsichtlich der auf Steuerentstehungszeitpunkte im Jahr 2009 beschränkten Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II und III zum Teil verfassungsrechtliche Bedenken erhoben (Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 19 Rz 2; Knobel in Viskorf/Knobel/Schuck, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 3. Aufl., § 19 ErbStG Rz 5; Geck in Kapp/Ebeling, § 19 ErbStG Rz 1; Wachter, Der Betrieb 2010, 74, 75; Crezelius, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge 2009, 1, 2; Stahl/Fuhrmann, Deutsche Steuer-Zeitung 2008, 13, 14; für Verfassungsmäßigkeit Längle in Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, 3. Aufl., § 19 Rz 8a; Piltz, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2010, 1913, 1922).
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2. Darüber hinaus wird sich insbesondere die Frage stellen, ob § 19 Abs. 1 i.V.m. §§ 13a und 13b ErbStG in der Fassung des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes deshalb verfassungswidrig ist, weil es §§ 13a und 13b ErbStG zulassen, Vermögen jeder Art und in jeder Höhe von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden ohne Anfall von Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer zu erwerben, wenn der Erblasser oder Schenker eine geeignete Gestaltung gewählt hat, ohne dass es auf eine Gemeinwohlverpflichtung und Gemeinwohlbindung des erworbenen Vermögens ankommt.
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a) Bedenken bestehen insoweit im Hinblick auf die Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) an die Besteuerung, nämlich vor allem die Ausrichtung der Steuerlast an den Prinzipien der finanziellen Leistungsfähigkeit und der Folgerichtigkeit, die Gewährung von Steuerentlastungen nur bei Vorliegen entsprechend gewichtiger Gründe des Gemeinwohls, vollständige Verschonung bestimmter Steuergegenstände von der Besteuerung nur im Ausnahmefall, gleichheits- und zweckgerechte Ausgestaltung von Vergünstigungstatbeständen, besondere Schranken für gesetzliche Typisierungen (vgl. insbesondere Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 7. November 2006 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192; vom 15. Januar 2008 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, und vom 12. Oktober 2010 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224).
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b) Eine verfassungsrechtlich problematische Gestaltungsmöglichkeit ergibt sich daraus, dass § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ausdrücklich auch den Erwerb eines Anteils an einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in die Vergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG einbezieht. Die Steuervergünstigungen sind somit grundsätzlich auch für den Übergang von Vermögen sogenannter "gewerblich geprägter Personengesellschaften" (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) zu gewähren. Sind die in § 13a Abs. 8 ErbStG bestimmten Voraussetzungen erfüllt, kann auch in diesem Fall für die Vollverschonung optiert werden (§ 13a Abs. 8 Nr. 4 ErbStG).
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Vermögen, dessen Erwerb im Privatvermögen --wie im Streitfall-- der vollen Besteuerung unterläge, kann somit ohne Anfall von Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer übergehen, wenn es in das Betriebsvermögen einer gewerblich geprägten Personengesellschaft eingelegt wurde und nicht zum Verwaltungsvermögen i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG gehört. Vermögen zählt nicht bereits deshalb zum Verwaltungsvermögen in diesem Sinn, weil es einer lediglich vermögensverwaltend tätigen, aber gewerblich geprägten Personengesellschaft gehört. Vielmehr bestimmt § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG im Einzelnen die zum Verwaltungsvermögen zählenden Gegenstände. Danach gehören zwar Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen grundsätzlich zum Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ErbStG), während sonstige Forderungen, wie etwa Sichteinlagen, Sparanlagen, Festgeldkonten sowie Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und Forderungen an verbundene Unternehmen nach Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. H 32 der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Umsetzung des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts -AEErbSt- vom 25. Juni 2009, BStBl I 2009, 713) kein Verwaltungsvermögen sind. Zählen solche Guthaben bei Kreditinstituten zum Privatvermögen, unterliegen sie in vollem Umfang der Steuer. Sind sie Bestandteil des Betriebsvermögens einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, ist der Erwerb der Beteiligung und damit mittelbar der Erwerb der Guthaben bei Erfüllung der übrigen in §§ 13a und 13b ErbStG bestimmten Voraussetzungen uneingeschränkt begünstigt.
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Demgemäß kann beispielsweise ein Anteil an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, deren Betriebsvermögen aus 100 Mio. € Festgeldguthaben besteht, nach Maßgabe des § 13a Abs. 8 ErbStG erworben werden, ohne dass Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer anfällt und ohne dass dieses Vermögen einer besonderen Gemeinwohlbindung oder Gemeinwohlverpflichtung unterliegt. Insbesondere spielen die in § 13a Abs. 1 Sätze 2 bis 5 und Abs. 4 ErbStG geregelten Anforderungen an die Entwicklung der Lohnsumme in einem solchen Fall keine Rolle, da derartige gewerblich geprägte Personengesellschaften regelmäßig nicht mehr als 20 Beschäftigte haben und somit die Anforderungen an die Entwicklung der Lohnsumme nicht zu beachten brauchen (§ 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG).
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c) Dasselbe Ergebnis kann auch dadurch erreicht werden, dass eine GmbH, an der der Erblasser oder Schenker zu mehr als 25 % unmittelbar beteiligt ist (vgl. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG), als Betriebsvermögen lediglich Geldforderungen hält, die Wertpapieren nicht vergleichbar sind.
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d) Da Geldforderungen, die Wertpapieren nicht vergleichbar sind, nicht zum Verwaltungsvermögen gehören, können auch Vermögensgegenstände, die nach § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG an sich zum Verwaltungsvermögen gehören würden, durch eine einfache Gestaltung der Besteuerung entzogen werden.
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Bringt beispielsweise ein Inländer, der Alleingesellschafter von zwei vermögenslosen GmbH ist, sein aus Grundvermögen, Wertpapieren, Beteiligungen an Kapitalgesellschaften bis zu 25 % und Edelmetallen bestehendes Privatvermögen in die eine GmbH (GmbH 1) ein und verkauft diese das Vermögen zum Steuerwert unter Stundung des Kaufpreises an die andere GmbH (GmbH 2), so kommt der GmbH 2 im Erbfall oder bei einer freigebigen Zuwendung kein Wert zu; denn dem auf sie übertragenen Aktivvermögen steht die gleichwertige Kaufpreisverbindlichkeit gegenüber. Der Erbe oder Bedachte kann für den Erwerb der Beteiligung an der GmbH 1, in deren Vermögen sich lediglich die Kaufpreisforderung befindet, von der Optionsmöglichkeit nach § 13a Abs. 8 Nr. 4 ErbStG Gebrauch machen mit der Folge, dass keine Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer anfällt, wenn die Behaltensregelungen des § 13a Abs. 5 i.V.m. Abs. 8 Nr. 2 ErbStG beachtet werden. Die Kaufpreisforderung der GmbH 1 stellt keine einem Wertpapier vergleichbare Forderung i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ErbStG dar und ist somit kein Verwaltungsvermögen (vgl. dazu Piltz, DStR 2010, 1913, 1916). Auf die Entwicklung der Lohnsumme in den auf den Erwerb folgenden Jahren kommt es nicht an, weil die GmbH 1, die lediglich die Kaufpreisforderung gegen die GmbH 2 verwaltet, nicht mehr als 20 Beschäftigte benötigt.
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e) Soweit der Gesetzgeber mit der sogenannten Arbeitsplatzklausel in § 13a Abs. 1 Sätze 2 ff. ErbStG außerfiskalische Förderungs- und Lenkungsziele verfolgen will, wird zu prüfen sein, ob die Anknüpfung der vollständigen (100 %) oder weitgehenden (85 %) Steuerverschonung an den Arbeitsplatzerhalt in ausreichendem und dem Gleichheitssatz entsprechendem Umfang gewährleistet ist. Durch entsprechende Gestaltung kann nämlich in vielen Fällen vermieden werden, dass es für die Gewährung der Steuervergünstigungen auf die Entwicklung der Lohnsumme ankommt. Es kann dabei die Regelung genutzt werden, nach der diese Anforderungen nicht anwendbar sind, wenn der Betrieb nicht mehr als 20 Beschäftigte hat (§ 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG).
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Als Gestaltung kommt dabei insbesondere in Betracht, dass ein Betrieb vor der Verwirklichung des Steuertatbestands bei gleichen Beteiligungsverhältnissen in eine Besitzgesellschaft, die nicht mehr als 20 Beschäftigte hat und bei der das Betriebsvermögen konzentriert wird, und eine Betriebsgesellschaft, deren Betriebsvermögen nach Berücksichtigung der Verbindlichkeiten keinen oder nur einen geringen Steuerwert hat und die eine beliebige Zahl von Beschäftigten haben kann, aufgespaltet wird (zu einer solchen Betriebsaufspaltung vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 24. Februar 2000 IV R 62/98, BFHE 191, 295, BStBl II 2000, 417). Die Anforderungen an die Entwicklung der Lohnsumme spielen dann bei der Besitzgesellschaft keine Rolle. Die Beschäftigten der Betriebsgesellschaft sind der Besitzgesellschaft nicht zuzurechnen; denn allenfalls die Beschäftigten einer nachgeordneten Gesellschaft können hinsichtlich der Frage, ob die in § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG vorgesehene Grenze von 20 Beschäftigten überschritten ist, der übergeordneten Gesellschaft zugerechnet werden (so Abschn. 8 Abs. 2 Satz 8 AEErbSt; a.A. Philipp in Viskorf/Knobel/ Schuck, a.a.O., § 13a ErbStG Rz 38; Geck, a.a.O., § 13a ErbStG Rz 41; Kirschstein in Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, § 13a ErbStG Rz 29). Bei Schwestergesellschaften ist eine Zusammenrechnung der Beschäftigtenzahlen demgegenüber nicht vorgesehen. Handelt es sich bei der Besitzgesellschaft um eine Personengesellschaft, spielt die Höhe der Beteiligung des Erblassers oder des Schenkers anders als bei Kapitalgesellschaften (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) keine Rolle (§ 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG).
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Der Gewährung der Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG hinsichtlich der Besitzgesellschaft steht die Überlassung der in ihrem Eigentum befindlichen Wirtschaftsgüter an die Betriebsgesellschaft zur Nutzung nicht entgegen. Die Nutzungsüberlassung als solche führt nicht zum Vorliegen von Verwaltungsvermögen i.S. des § 13b Abs. 2 ErbStG. Ob Verwaltungsvermögen vorliegt, ist vielmehr für die einzelnen im Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft befindlichen Wirtschaftsgüter gesondert nach den in § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG bestimmten Merkmalen zu prüfen. Danach gehören die Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleichen Rechte und Bauten, die die Besitzgesellschaft der Betriebsgesellschaft zur Nutzung überlässt, nicht zum Verwaltungsvermögen, soweit keine Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten erfolgt; denn der Erblasser oder Schenker konnte sowohl im überlassenden Betrieb als auch im nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen und auch der Erwerber kann allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern in beiden Betrieben einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG). Kein Verwaltungsvermögen bilden beispielsweise auch die Betriebsvorrichtungen, Fahrzeuge und gewerblichen Schutzrechte, die die Besitzgesellschaft der Betriebsgesellschaft zur Nutzung überlässt. Gleiches gilt für Forderungen der Besitzgesellschaft gegen die Betriebsgesellschaft, wie insbesondere die Ansprüche auf das Nutzungsentgelt sowie aus etwaigen Darlehen. Diese Forderungen sind nämlich Wertpapieren nicht vergleichbar und zählen daher nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ErbStG nicht zum Verwaltungsvermögen.
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Soweit die Gesellschafterstruktur eine derartige Betriebsaufspaltung nicht zulässt, wie es insbesondere bei börsennotierten Aktiengesellschaften mit einer Vielzahl von Aktionären der Fall sein wird, spielt dies im typischen Fall für die Besteuerung keine Rolle; denn bei solchen Gesellschaften werden die Anforderungen des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG an die Beteiligungshöhe des Erblassers oder Schenkers im Regelfall ohnehin nicht erfüllt oder der Erblasser/Schenker bedient sich hinsichtlich seiner Beteiligung von bis zu 25 % der oben in Abschn. II.2.d dargestellten einfachen Gestaltungsalternative, die es ihm ermöglicht, ungeachtet des Vorliegens von Verwaltungsvermögen die Steuerverschonung zu erlangen.
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f) Der BFH hat auf die verfassungsrechtliche Problematik der Möglichkeit, durch bloße Rechtsformwahl Steuervergünstigungen bei der Erbschaftsteuer und der Schenkungsteuer zu erreichen, bereits in den Beschlüssen vom 24. Oktober 2001 II R 61/99 (BFHE 196, 304, BStBl II 2001, 834, unter II.2.d) und vom 22. Mai 2002 II R 61/99 (BFHE 198, 342, BStBl II 2002, 598, unter Teil B.II.4.) hingewiesen. Darauf wird Bezug genommen.
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Das BVerfG hat die Auswirkungen der Möglichkeit von Gewerbetreibenden, Betriebsvermögen in weitem Umfang zu willküren, also auch nicht unmittelbar dem Betrieb dienende, sondern nur zur objektiven Stärkung des Betriebs geeignete Wirtschaftsgüter in das Betriebsvermögen aufzunehmen und so durch bilanzpolitische Maßnahmen auf die Bemessungsgrundlage der Steuer einzuwirken, im Beschluss in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter C.II.1.b und d bb aus verfassungsrechtlicher Sicht kritisch gewürdigt.
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Diese verfassungsrechtliche Problematik besteht auch nach der Neuregelung fort und hat sich sogar noch verschärft. Die Steuervergünstigungen nach §§ 13a und 13b ErbStG knüpfen nach wie vor an das ertragsteuerrechtliche Betriebsvermögen an (§ 12 Abs. 5 ErbStG, § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. §§ 95, 96 und 97 des Bewertungsgesetzes). Die Möglichkeiten, durch Schaffung gewillkürten Betriebsvermögens und weitere Gestaltungen selbst beim Erwerb größter Vermögen von Todes wegen oder durch freigebige Zuwendung die Höhe der Steuerbelastung zu vermindern oder das Entstehen von Steuer zu vermeiden, sind darüber hinaus gegenüber dem für Steuerentstehungszeitpunkte vor dem 1. Januar 2009 geltenden Recht deutlich erweitert worden. Während nach § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG a.F. das nach Abzug des Freibetrags von 225.000 € verbleibende begünstigte Betriebsvermögen mit 65 % anzusetzen war, beträgt nunmehr bereits der Verschonungsabschlag entweder 85 % des begünstigten Betriebsvermögens (§ 13a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13b Abs. 4 ErbStG) oder sogar 100 % (§ 13a Abs. 8 ErbStG).
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3. Das Bundesministerium der Finanzen wird um Mitteilung gebeten, ob und gegebenenfalls welche praktischen Erfahrungen im Besteuerungsverfahren oder bei Anträgen auf verbindliche Auskunft zu den aufgezeigten Gestaltungsmöglichkeiten es bisher gibt.
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4. Sollte die Prüfung der angesprochenen Verfassungsfragen einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 und/oder Art. 6 Abs. 1 GG ergeben, müsste der Senat nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG das Verfahren aussetzen und eine Entscheidung des BVerfG einholen.
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