Was besagt die Aut-idem-Regelung?
„Aut idem“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „oder das Gleiche“. Die Regelung legt fest, dass bei einem Arzneimittelaustausch folgende Punkte mit dem verordneten Medikament übereinstimmen müssen:
- der Wirkstoff,
- die Wirkstärke,
- eine gleiche beziehungsweise austauschbare Darreichungsform,
- ein gleiches Anwendungsgebiet von ggf. mehreren Anwendungsgebieten
- sowie ein gleiches Packungsgrößenkennzeichen.
Ärztinnen und Ärzte können den Austausch ausschließen, indem sie:
- das Aut-idem-Feld auf dem Rezept ankreuzen, oder
- im E-Rezept einen digitalen Haken setzen.
In diesen Fällen kann ein Fertigarzneimittel, das unter seinem Produktnamen verordnet wurde, nicht durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel ersetzt werden. Ein Austausch zwischen dem Fertigarzneimittel und seinem Importarzneimittel ist davon ausgenommen und daher immer möglich.
Dies ist im Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 SGB V geregelt.
Eine weitere Ausnahme gilt für Arzneimittel mit Wirkstoffen, die auf der Substitutionsaustauschliste stehen.
Was ist die Substitutionsausschlussliste?
Die Substitutionsausschlussliste – Teil B der Anlage VII der Arzneimittel-Richtlinie – führt Substanzen auf, bei denen ein Austausch nach der Aut-idem-Regelung ausgeschlossen ist. Hier muss das verordnete Fertigarzneimittel ohne Abweichungen abgegeben werden.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) legt fest, welche Arzneimittel in die Substitutionsausschlussliste aufgenommen werden. Wichtige Gründe für eine solche Entscheidung sind nach Angaben des G-BA:
- Eine schon geringfügige Änderung der Dosis oder Konzentration des Wirkstoffs führt zu klinisch relevanten Wirkungsveränderungen (enge therapeutische Breite).
- Infolge des Ersetzens durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel können „nicht nur patientenindividuell begründete relevante klinische Beeinträchtigungen auftreten“.
- Die Fachinformation sieht Anforderungen zur Therapiekontrolle vor, aus denen sich ableiten lässt, dass das Ersetzen durch ein anderes, wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht ohne ärztliche Kontrolle möglich ist.
Was gilt bei nicht lieferbaren Arzneimitteln?
Mit dem Lieferengpassgesetz (ALBVVG) haben die Apotheken weitere Möglichkeiten erhalten, um im Falle des Lieferengpasses eine Versorgung sicher zu stellen.
Wenn Großhändler ein verordnetes Präparat nicht liefern können, dürfen Apotheken dieses gegen ein verfügbares wirkstoffgleiches Arzneimittel austauschen. Dafür ist keine weitere Rücksprache mit der Arztpraxis nötig.
Ein Arzneimittel gilt als nicht verfügbar, wenn es trotz zweifacher Verfügbarkeitsanfragen bei vollversorgenden Arzneimittelgroßhändlern nicht beschafft werden kann. Werden Apotheken nur von einer vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlung beliefert, reicht es, wenn diese das Arzneimittel nicht beschaffen kann, so der neue Absatz 2a des § 129 SGB V.
Folgende Abweichungen von der ärztlichen Verordnung seitens der Apotheke sind ebenfalls ohne weitere Rücksprache mit der Arztpraxis möglich, sofern die verordnete Gesamtmenge des Wirkstoffs nicht überschritten wird:
- abweichende Packungsgröße,
- abweichende Packungsanzahl,
- die Abgabe von Teilmengen aus der Packung eines Fertigarzneimittels, soweit die verordnete Packungsgröße nicht lieferbar ist, und
- abweichende Wirkstärke, sofern keine pharmazeutischen Bedenken bestehen.
Weiterführende Informationen
- Verordnung Wirtschaftliche Verordnung
- Arzneimittel Rabattverträge: Informationen für Leistungserbringer
- Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA) Aut-idem-Regelung zur Austauschbarkeit von Arzneimitteln
- Versichertenportal der AOK Arzneimittel: Was Versicherte wissen sollten
- SGB V § 129 Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung, Verordnungsermächtigung
Substitutionsausschlussliste: Informationen der AOK Niedersachsen
Derzeit sind im Teil B der Anlage VII der Arzneimittel-Richtlinie insgesamt 17 Wirkstoffe aufgelistet.
Substitutionsausschlussliste nach der Arzneimittel-Richtlinie des G-BA Anlage VII (Teil B):
Wirkstoff | Darreichungsform |
Betaacetyldigoxin | Tabletten |
Buprenorphin | transdermale Pflaster mit unterschiedlicher Applikationshöchstdauer (z. B. bis zu 3 bzw. bis zu 4 Tage) dürfen nicht gegeneinander ersetzt werden. |
Carbamazepin | Retardtabletten |
Ciclosporin | Lösung zum Einnehmen und Weichkapseln |
Digitoxin | Tabletten |
Digoxin | Tabletten |
Everolimus | Tabletten bis zu einem Wirkstoffgehalt von 1 mg |
Hydromorphon | Retardtabletten mit unterschiedlicher täglicher Applikationshäufigkeit (z. B. alle 12 bzw. 24 Stunden) dürfen nicht gegeneinander ersetzt werden. |
Levothyroxin-Natrium | Tabletten |
Levothyroxin-Natrium + Kaliumiodid (fixe Kombination) | Tabletten |
Methylphenidat | Hartkapseln mit veränderter Wirkstofffreisetzung mit unterschiedlichen sofort und verzögert freisetzenden Wirkstoffanteilen (z. B. 50 %/50 % und 30 %/70 %) dürfen nicht gegeneinander ersetzt werden. |
Oxycodon | Retardtabletten mit unterschiedlicher täglicher Applikationshäufigkeit (z. B. alle 12 bzw. 24 Stunden) dürfen nicht gegeneinander ersetzt werden. |
Phenobarbital | Tabletten |
Phenprocoumon | Tabletten |
Phenytoin | Tabletten |
Primidon | Tabletten |
Tacrolimus | Hartkapseln und Hartkapseln retardiert |
Valproinsäure (auch als Natriumvalproat und Valproin-Säure in Kombination mit Natriumvalproat) | Retardtabletten |
Arzneimittel, die einen in der Anlage gelisteten Wirkstoff in einer der aufgeführten Darreichungsformen enthalten, dürfen nicht durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel ersetzt werden.
Wichtig für die Opioide: Hier ist aus Sicht des G-BA die unterschiedliche Applikationshäufigkeit ein wichtiges Kriterium.
Daher sind Buprenorphin, Hydromorphon und Oxycodon mit Einschränkungen in diese Liste aufgenommen worden.
Ein Beispiel:
Oxycodon-Retardtabletten sind nicht grundsätzlich vom Austausch ausgeschlossen. Die Apotheke darf nur keine zwölf-Stunden-Formulierung gegen eine 24-Stunden-Formulierung austauschen.
Was bedeutet das nun grundsätzlich für die Ärztin bzw. den Arzt?
Für die Arzneimittel, die auf dieser Liste stehen, muss die/der verordnende Ärztin/Arzt einen Handelsnamen beziehungsweise Wirkstoffnamen mit Herstellerfirma auf dem Rezept verordnen – nur der Wirkstoffname allein reicht hier nicht aus.
Weitere Informationen
- Wirtschaftliche Verordnung Arzneimittelinformationen der AOK Niedersachsen