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Penicillin-Allergie

Informationen zur Allergie-Diagnose

Warum es sich lohnt, die Diagnose „Penicillinallergie“ zu hinterfragen

Nur bei etwa einem Prozent der Bevölkerung und zwei Prozent der stationären Patientinnen und Patienten liegt eine echte Allergie gegen Betalactame vor.1 Allerdings wird geschätzt, dass bei etwa sieben Prozent der Bevölkerung in Deutschland eine Allergie auf Betalactam-Antibiotika in der Krankenakte dokumentiert ist, bei hospitalisierten Patientinnen und Patienten liegt die Prävalenz sogar noch höher.2

Wie kommt es zu dieser Differenz? Eine Ursache ist möglicherweise, dass nach Antibiotikagabe nichtallergische Reaktionen auftreten können. Dies betrifft besonders Kinder. Dazu gehören zum Beispiel virale Exantheme oder ein Exanthem in Zusammenhang mit Aminopenicillin-Gabe bei Epstein-Barr-Virus (EBV)-Infektion. Sicherheitshalber werden diese Reaktionen als Allergien eingestuft, in der Patientenakte vermerkt und die Patientinnen und Patienten erhalten eine entsprechende Warnung für den Fall der nächsten notwendigen Antibiotikabehandlung.

Diese Fehleinschätzung hat Folgen: Wird bei diesen Patientinnen und Patienten eine antibiotische Therapie notwendig, verzichten viele Ärztinnen und Ärzte auf den Einsatz von Betalactam-Antibiotika. Die Betroffenen erhalten häufiger Antibiotika der 2. Wahl mit einemungünstigeren Nebenwirkungsprofil und zum Teil schlechterer klinischer Wirksamkeit.3 Die Entstehung von Resistenzen wird dadurch gefördert und die Therapiekosten fallen höher aus.

AOK Praxis-Talk – Folge 40: Penicillin-Allergie: liegt diese tatsächlich vor?

Nur etwa einProzent der Bevölkerung weist eine echte Allergie gegen Betalactame auf. Sie wird aber deutlich häufiger dokumentiert, bei etwa sieben Prozent der Patientinnen und Patienten. Ein Grund, die Diagnose "Penicillin-Allergie" zu hinterfragen.

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Verbesserung des Antibiotika-Einsatzes

Wie kann der rationale Antibiotika-Einsatz verbessert werden? Das Entfernen des sogenannten Penicillinallergie-Labels (PAL) aus der Krankenakte wird Delabeling genannt und ist eine wichtige Aufgabe für den rationalen Antibiotika-Einsatz. Das Delabeling gilt auch explizit als Antibiotic-Stewardship-Maßnahme.4 Der orale Provokationstest gilt als Goldstandard zur Abklärung von Betalactam-Überempfindlichkeit.

Die Durchführung der Tests ist zeitintensiv. Daher wurde der PEN-FAST-Score entwickelt, mit dem die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Penicillinallergie abgeschätzt werden kann.

PEN-FAST

PEN-FAST besteht aus drei Fragen:

  1. Kam es innerhalb der letzten fünf Jahre zu einer Reaktion bei der Gabe von Betalactamen? (2 Punkte)
  2. Von welchem klinischen Typ war die Reaktion? (schwere Reaktionen wie Anaphylaxie, Angioödem oder eine schwere Hautreaktion: 2 Punkte)
  3. War eine Behandlung der Reaktion erforderlich? (1 Punkt)

Bei einem Score von weniger als 3 Punkten liegt das Risiko für eine Penicillinallergie bei weniger als 5 Prozent.5

PEN-FAST ist validiert auf allergische Reaktionen des Soforttyps. Hautreaktionen, die später auftreten, werden damit nicht erfasst. Es wird daher daran gearbeitet, auch makulopapulöse Exantheme zu berücksichtigen, die besonders bei Aminopenicillinen wie zum Beispiel Amoxicillin und Pivampicillin überwiegend auftreten. Im letzten Jahr wurde dazu der PEN-FAST+-Score veröffentlicht.6,7 Er enthält zwei zusätzliche Fragen:

  1. Gab es eine Hautreaktion mehr als eine Stunde nach der Einnahme? (generalisiert oder lokalisiert im palmoplantaren Bereich oder Juckreiz/Hitzegefühl im Bereich der Kopfhaut)
  2. Hielt der Hautausschlag mehr als sieben Tage lang an?

Mit dem PEN-FAST-Score steht ein Instrument für das Delabeling zur Verfügung, mit dem aufwendige Tests reduziert werden können. PEN-FAST+ kann möglicherweise zukünftig die Entscheidung, ob ein Test auf eine Betalaktam-Allergie sinnvoll ist, weiter vereinfachen.

Hintergrundinformationen

 

1https://www.pharmazeutische-zeitung.de/welches-antibiotikum-bei-penicillin-allergie-138740/

2https://www.aerzteblatt.de/archiv/230937/Penicillinallergie-Sicher-und-effektiv-ausschliessen

3 Z. B.: Blumenthal KG, Ryan EE, Li Y, et al.: The Impact of a Reported Penicillin Allergy on Surgical Site Infection Risk. Clin Infect Dis 2018; 66 (3): 329–36 CrossRef MEDLINE PubMed Central.

4 S3-Leitlinie Strategien zur Sicherung rationaler Antibiotika-Anwendung im Krankenhaus. AWMF-Registernummer 092/001 – update 2018: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/092-001

5 J. Trubiano et al.: PEN-FAST: A validated penicillin allergy clinical decision rule – Implications for prescribing. International Journal of Infectious Diseases, Vol. 101, Suppl. 1, 89, Dec. 2020.

6 J. Castagna et al.: The PEN-FAST+: Two additional criteria to improve negative predictive value for the penicillin allergy clinical decision rule PEN-FAST in adults. Revue Française d'Allergologie, Volume 63, Issue 3, April 2023.

7https://www.univadis.de/viewarticle/verdacht-arzneimittelallergie-welche-massnahmen-sind-2023a1000x3z

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