Nutzenbewertung für Medizinprodukte hoher Risikoklassen
In Europa können Hochrisikomedizinprodukte mit einer CE-Kennzeichnung auch dann auf den Markt kommen, wenn keine belastbaren Studien zu ihrem Nutzen und Risiko durchgeführt wurden. Mit dem Paragrafen 137h SGB V hat der Gesetzgeber ein Bewertungsverfahren etabliert. Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die auf Medizinprodukten mit hohem Risiko beruhen, die ein neues theoretisch-wissenschaftliches Konzept aufweisen, und für die ein Krankenhaus ein gesondertes Entgelt beantragt, müssen im Rahmen von Studien erprobt werden. Bis zum flächendeckenden Einsatz werden solche Methoden nur in den Krankenhäusern vergütet, die an den Erprobungsstudien teilnehmen. Das Krankenhaus muss dafür parallel zum erstmaligen Vergütungsantrag umfassende Informationen über den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Anwendung der Methode beim G-BA vorlegen. Die Studienergebnisse können postalisch per DVD oder – seit Oktober 2022 – über ein Online-Portal beim G-BA, das „Portal 137h“, übermittelt werden.
Der G-BA hat diese gesetzliche Regelung in einer Richtlinie konkretisiert. Er prüft zunächst auf der Basis des Dossiers, ob die Voraussetzungen für eine Bewertung erfüllt sind.
Weiterführende Informationen
- G-BA Portal 137h
- AOK-Bundesverband Hintergrund "Medizinprodukte"
- Gesetze im Internet Bewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit Medizinprodukten hoher Risikoklasse
Welche Konzepte bewertet werden
Medizinprodukte hoher Risikoklassen sind aktive implantierbare Produkte sowie Medizinprodukte der Risikoklassen IIb und III, deren Anwendung einen besonders invasiven Charakter aufweisen. Zu den Voraussetzungen für das Bewertungsverfahren gehört - neben den Anforderungen des Paragrafen 137h SGB V - die Plausibilität und Vollständigkeit der übermittelten Informationen. Die Bewertung wird insbesondere dann als notwendig erachtet, wenn es sich um eine erstmalige Anfrage der Klinik beim Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) handelt, und wenn der Methode ein neues wissenschaftlich-theoretisches Konzept zugrunde liegt. Die Bewertung kann zu drei möglichen Ergebnissen führen:
Der Nutzen der Methode unter Anwendung des Medizinprodukts wird als hinreichend belegt betrachtet. In diesem Fall haben die Krankenhäuser Anspruch auf den Abschluss einer Entgeltvereinbarung mit dem InEK innerhalb von drei Monaten.
Der Nutzen gilt noch nicht hinreichend belegt, aber die Methode bietet das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative. In diesem Fall entscheidet der GBA innerhalb von sechs Monaten über die Durchführung einer Erprobungsstudie (Paragraf 137e SGB V).
In diesem Fall sieht der GBA in der Methode unter Anwendung des Medizinprodukts kein Potenzial für eine erforderliche Behandlungsalternative, sondern stuft diese vielmehr unwirksam oder sogar schädlich ein. Der GBA entscheidet hierbei unverzüglich über die Änderung der Richtlinie zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus nach Paragraf 137c Absatz 1 Satz 2 SGB V
Formulare zur Beantragung einer Beratung
Neben dem Verfahren hat der GBA ein Beratungsangebot für Krankenhäuser und für Hersteller von Medizinprodukten entwickelt. Formulare zur Beantragung einer Beratung stehen auf den Webseiten des GBA als Download zur Verfügung.
Weiterführende Informationen
- Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA) Antrag auf Erprobung
Hintergrund des Verfahrens
Hintergrund des Verfahrens ist der neue Paragraf 137h SGB V, der 2015 mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) beschlossen wurde. Die Medizinproduktemethodenbewertungsverordnung (MeMBV), die weitere Details der gesetzlichen Regelungen definiert, ist am 1. Januar 2016 in Kraft getreten. Der G-BA wurde gemäß Paragraf 137h Abs. 1 Satz 6 SGB Vverpflichtet, das Nähere zum Verfahren innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten der Rechtsverordnung zu regeln.
Weiterführende Informationen
Meldung von Schadensfällen
Um möglichen Regressansprüchen für die Versichertengemeinschaft - zum Beispiel bei Schäden von Medizinprodukten - gemäß Paragraf 116 SGB X nachzugehen, schreiben Krankenkassen bei Bedarf die Leistungserbringer an und bitten um Informationen. Nach Paragraf 294a SGB V besteht bei Hinweisen auf Drittverursachung von Gesundheitsschäden gegenüber den Krankenkassen eine Meldepflicht. Für die Rückmeldung entsprechender Vorfälle steht den Kliniken eine Mustertabelle zur Verfügung.
Aus Gründen des Sozialdatenschutzes können die Angaben zu den betroffenen Versicherten nur postalisch oder über eine gesicherte E-Mail-Verbindung an die zuständige AOK versandt werden.