Qualitätssicherungs-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses
Seit dem 1. Januar 2017 gelten auf Frühchen-Stationen präzise Vorgaben für die Personalausstattung. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Ende 2016 in seiner Qualitätssicherungs-Richtlinie Früh- und Reifgeborene (QRF-RL) festgelegt. Die ursprünglich bis Ende 2019 vorgesehene Übergangsphase, in der die Zentren von den Regelungen abweichen können, wurde im Oktober 2023 erneut um ein Jahr verlängert.
Die Richtlinie fordert von den Kliniken nicht nur eine bestimmte Personalausstattung, sondern regelt auch dessen Qualifikation. Auf der neonatologischen Intensivstation eines Perinatalzentrums muss je intensivtherapiepflichtigem Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht von unter 1.500 Gramm mindestens eine Kinderkrankenpflegerin oder ein -krankenpfleger verfügbar sein. Bei der Intensivüberwachung gilt ein Personalschlüssel von eins zu zwei. Außerdem müssen in Level 1-Zentren 40 Prozent (30 Prozent in Level 2-Zentren) der Mitarbeiter des Pflegedienstes eine Fachweiterbildung im Bereich „Pädiatrische Intensivpflege" abgeschlossen haben. Dem neuen G-BA-Beschluss zufolge können die Kliniken bis zum Jahresende 2024 von den Vorgaben abweichen, sofern sie Schritte vereinbaren, um sie künftig zu erfüllen.
Darüber hinaus erhalten die Kliniken mehr Spielraum. So müssen die Zentren den schichtbezogenen Personalschlüssel von 2020 bis zum Jahr 2022 nur zu 90 Prozent erfüllen, im Jahr 2023 zu 95 Prozent. Die 100-prozentige Erfüllung wird erst ab Januar 2025 gefordert. Kinderkrankenpflegekräfte, die sich in der Fachweiterbildung „Pädiatrische Intensiv- und Anästhesiepflege“ befinden, können zur Hälfte auf die Fachweiterbildungsquote angerechnet werden. Darüber hinaus benannte der G-BA Ausnahmetatbestände, die die Krankenhäuser auch nach Ablauf der Fristen von der Einhaltung der Vorgaben entbinden. Dies sind krankheitsbedingte Personalausfälle, die über 15 Prozent des benötigten Personals hinausgehen und unvorhersehbare Zugänge von mehr als zwei extrem Frühgeborenen (Geburtsgewicht von unter 1.500 Gramm) innerhalb einer Schicht.
Weiterführende Informationen
- Gemeinsamer Bundesausschuss Änderung der QFR-RL, §§ 8 und 10 sowie der Anlagen 2 und 7 (2023)
- Gemeinsamer Bundesausschuss Änderung der QFR-RL, Anhänge 1 und 3 zur Anlage 4 (2023)
- Gemeinsamer Bundesausschuss Änderung der QFR-RL, §§ 1,7,8,10 und 11 sowie in Anlage 2 (2019)
- Gemeinsamer Bundesausschuss Qualitätssicherungs-Richtlinie Früh- und Reifgeborene (QFR-RL)
Abweichungen von Personalanforderungen
Der Beschluss lässt in begrenztem Umfang auch den Einsatz von Personal aus fachfremden Stationen zu, sofern die dafür vorgesehenen Pflegekräfte einschlägige Weiterbildungen absolviert oder bereits in der direkten Patientenversorgung auf neonatologischen Intensivstationen gearbeitet haben. Pflegekräfte, die eine ausreichende Berufserfahrung nachgewiesen haben, können auf die geforderte Fachweiterbildungsquote (40 beziehungsweise 30 Prozent) angerechnet werden. Voraussetzung für diese letztmalige dauerhafte Anerkennung ist, dass die Pflegekraft mindestens fünf Jahre in Vollzeit auf einer neonatologischen Intensivstation tätig war. Erstmals legt der G-BA im Übrigen fest, dass die Personalanforderungen der Richtlinie für jeden Standort gelten.
Kliniken, die die Vorgaben verfehlen, müssen sich bereit erklären, auf Landesebene eine Zielvereinbarung zur Erfüllung der Anforderungen abzuschließen. Die Kliniken sollen darin festlegen, welche Schritte und Maßnahmen sie ergreifen wollen, um die Personalvorgaben zu erfüllen.
Jährliche Struktur- und Personalabfragen
Bis 2018 lagen dem G-BA keine verlässlichen Daten zur tatsächlichen Personalausstattung der Perinatalzentren vor. Um diese zu erheben, führte der G-BA jährliche Strukturabfragen ein. An der Erhebung müssen Kliniken teilnehmen, die schwerpunktmäßig Frühchen und kranke Neugeborene versorgen. Sie sollen insbesondere über ihre Personalausstattung berichten. Die Daten sollen jährlich standortbezogen bis zum 15. Januar des dem Erfassungsjahr folgenden Jahres an das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) übermittelt werden. Bis zum 31. Januar können die Kliniken ihre Angaben bei Bedarf korrigieren.
Weichen die Kliniken nun von den gesetzlichen Personalschlüsseln ab, müssen sie sämtliche Ereignisse, die dazu geführt haben, unter Angabe der jeweiligen Gründe und der Dauer der Abweichung dokumentieren und dem G-BA übermitteln. In Bezug auf die Perinatalzentren fördert die Befragung nach wie vor gemischte Ergebnisse zutage: In den meisten Bereichen wurden die Vorgaben weitgehend oder vollständig erfüllt, so etwa bei der ärztlichen Versorgung, der Hebammenhilfe, bei der technischen Ausstattung, der professionellen psychosozialen Beratung und der interdisziplinären Fallbesprechung. Was die neonatologische Pflege betrifft, hat sich Versorgung intensivtherapiepflichtiger Frühchen mit einem Geburtsgewicht unter 1.500 Gramm in den vergangenen Jahren zwar leicht verbessert, dennoch werden die entsprechenden Zielwerte insgesamt häufig verfehlt: 2022 erfüllten nur 43 Prozent der Level-1-Zentren alle personellen Anforderungen in der Pflege, bei den Level-2-Zentren waren es 65 Prozent.
Weiterführende Informationen
- Perinatalzentren.org Ergebnisse der jährlichen Strukturabfrage (2022)
- Mindestmengen Andere Maßnahmen zur Qualitätssicherung in Perinatalzentren
- IQTIG Qualität der Versorgung sehr kleiner Frühgeborener (NICU)